Orthopädiezentrum Kurfürstendamm

Dr. Thomas Czerlitzki, Dr. Alexander Putzo
Kwame Boaten, Daniel Hennig
Dr. Kerstin Siemßen

Gicht - eine häufige Volkskrankheit

Gicht ist in Deutschland die häufigste Erkrankung, die mit rezidivierenden (wiederkehrenden) Gelenksentzündungen einhergeht.

Wie kann man das Gichtrisiko durch Modifizierung des Lebensstils verringern?

Da die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens mit zunehmendem Lebensalter steigt, ist in Zukunft mit einer weiteren Erhöhung der Erkrankungshäufigkeit zu rechnen, zumal bestimmte Medikamente (ASS, ß-Blocker, Diuretika), die bei älteren Menschen häufig eingesetzt werden, das Gichtrisiko zusätzlich erhöhen.

Bei einem akuten Gichtanfall kommt es zur einer entzündlichen Reaktionen des Immunsystems auf die Ablagerung von Harnsäurekristallen (Natriumuratkristalle) in den Gelenken oder deren Umgebung. Unbehandelt führen diese rezidivierenden Gelenkentzündungen zur Gelenkdestruktion mit Ausbildung von Weichteilknoten (Tophi). Gicht kann allerdings auch andere Organe wie zum Beispiel die Niere oder das Herzkreislaufsystem schädigen. Ursache für diese Kristallablagerungen ist ein erhöhter Harnsäurespiegel im Serum. Ab einer bestimmten Konzentration ist die Harnsäure nicht mehr im Blut gelöst und lagert sich in Kristallform im Gewebe ab.

Die Wahrscheinlichkeit einer Gichtsmanifestation mit Gelenkdestruktion liegt bei einem über 20 Jahre andauernden erhöhten Harnsäurespiegel bei 75%. Neben der symptomatischen Behandlung der akuten Gelenksentzündung ist es daher wichtig, den Harnsäurespiegel dauerhaft zu senken. Von einem erhöhten Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) spricht man bei Werten von über 6,8 mg/dl. Als Zielwert sollten unter 6 mg/dl angestrebt werden, da Studien gezeigt haben, dass dadurch das Gichtrisiko am deutlichsten reduziert werden kann.

Wie kann man die Harnsäurekonzentration im Serum verringern?

Bevor man eine medikamentöse Therapie beginnt, sollten die Patienten zunächst über die Möglichkeiten zur Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten informiert werden. Leider kann die alleinige Modifikation des Lebensstils nicht bei jedem Patienten den Harnsäurespiegel ausreichend senken, so dass auf eine medikamentöse Behandlung nicht in jedem Fall verzichtet werden kann.

Ernährung | Veränderung des Lebensstils

Die Harnsäure ist das Abbauprodukt der Aminosäure Purin. Aminosäuren sind die Bausteine der Eiweiße (Proteine). Purine kommen in hoher Konzentration in Innereien, in Fleisch und Fisch, insbesondere in der Haut, sowie in Schalentieren, vor. Verschiedene Gemüsesorten ( z. B. Spinat, Spargel, Feldsalat, Lauch, Hülsenfrüchte, Sojaprodukte etc.) enthalten zwar auch relativ viel Purine, nach neuesten Forschungsergebnissen führen diese jedoch wohl nicht zu einer Erhöhung des Gichtrisikos.

Alkohol enthält zwar keine Purine, kann aber trotzdem durch bestimmte biochemische Vorgänge den Harnsäurespiegel erhöhen. Dieses gilt insbesondere für Bier, wobei Wein das Gichtrisiko nicht erhöhen soll. Aber nicht nur Alkohol sondern auch fructosereiche Getränke wie Fruchtsäfte, Smoothies und mit Fructose (Fruchtzucker) angereicherte Softdrinks können durch biochemische Prozesse den Harnsäurespiegel im Serum erhöhen. Es gibt jedoch auch Lebensmittel, die das Gichtrisiko reduzieren. Hierzu gehören fettarme Milch, Kaffee sowie folsäurehaltige Lebensmittel (verschiedene Kohlsorten, Salate, Weizenkeime, Nüsse etc.). 

Reduzierung des Körpergewichts

Übergewicht und Adipositas führen ebenfalls zu einem erhöhten Gichtrisiko. Durch eine Gewichtsabnahme von nur fünf Kilogramm kann man das Risiko einer Gichtentstehung um 60% senken. Umgekehrt kann eine Zunahme des Körpergewichts um 15 Kilogramm das Gicht-Risiko um 200% erhöhen.

Steigerung der körperlichen Aktivität

Neben den Veränderungen der Essgewohnheiten zur Gewichtsreduktion führt auch eine Steigerung der körperlichen Aktivität zu einer Verringerung der Wahrscheinlichkeit einer Gichtentstehung.

Fazit

Zusammengefasst kann man durch eine gezielte Veränderung der Lebensgewohnheiten die Wahrscheinlichkeit einer Gichterkrankung senken. Eine ausgewogene Ernährung mit Betonung pflanzlicher Lebensmittel mit Reduzierung der Menge purinhaltiger Speisen und Einschränkung des Alkoholkonsums, verbunden mit Erhöhung der körperlichen Aktivität, kann die Wahrscheinlichkeit der Gichtentstehung deutlich verringern. Kann trotzdem nicht der angestrebte Harnsäurewert erreicht werden, muss zusätzlich eine medikamentöse harnsäuresenkende Therapie erfolgen, um Gichtanfälle und damit Gelenkdestruktionen effizient zu verhindern.